Theater

Samstag, 25. Oktober 2008

Samuel Beckett: Das letzte Band im Landestheater St. Pölten

Es war ein Gastspiel der Schaubühne am Lehniner Platz in Berlin mit Joseph Bierbichler als Krapp. Der Regisseur Tragelehn hatte ich sehr um ausgefeilte Technik mit dem Videorecorder bemüht. Der alternde 80jährige Krapp muß allerhand Kabel richtig verbinden, was fast die halbe Aktionszeit in Anspruch nimmt. Das macht der Schauspieler mit stoischer Ruhe und zahlreichen Widerholungen bzw. Ungeschicklichkeiten. Endlich beginnt er zu sprechen, es ist ein Bayrisches Idiom. Die Erinnerungen sieht man vor allem auf dem Bildschirm, wo Krapp nur die Hälfte der jetzigen Jahre zählt. Er rekapituliert sine Erlebnisse von damals, agiert auch darauf, ohne viel zu reden, langt sich auch eine Banane aus der hintersten Ecke der Schublade, letztlich endet sein Leben bei der Erinnerung an die schönen Augen seiner letzten? Geliebten. Es gibt sicher Absurderes bei Beckett!

Samstag, 27. September 2008

Sophokles: Antigone in Graz

Nach der fürchterlichen Hebbelinszenierung war ich ja uaf viel gefasst, Anna Badora verstand es aber Zeitgemäßes und Klassisches glaubhaft zu assoziieren. Vor allem kümmerte sie sich um den Chor, der sonst gern vernachlässigt wird. Der Chor der Thebaner erinnert zwar an Immigranten, zumal er in verschiedenen Sprachen spricht, er wird aber vielfältig und glaubhaft eingesetzt. Götz Argus dominiert die Aufführung durch seine Stimme und Person, daß Carolin Eichhorsts Antigone fast untergeht.

Freitag, 26. September 2008

F Hebbel: Die Nibelungen in Graz

Hebbels Nibelungen gehört wohl wie Kleist Penthesilea oder Kätchen und einige Stücke Grabbes zu den schwer aufführbaren. Trotzdem kann man mit dem Stück nicht so verfahren wie Cornelia Crombholz. Der Text ist nur stellenweise in Stücken erhalten, mit allerlei Aktionen und anderen Texten „bereichert“, Hebbel ist es jedenfalls keiner mehr. Die Schauspieler sind mäßig und können die Mängel keineswegs ausfüllen. Wäre ich ein mächtiger Tyrann, müßte die Regisseurin den Text auswendig lernen und einige Male öffentlich rezitieren. So hat man den Eindruck, sie macht sich über das Publikum lustig, mit unglücklichen Aktionen, slapstickhaften Szenen und unmöglichen Szenerien.

Freitag, 19. September 2008

Kleist: Amphitryon in Landshut

Erfreuliche Aufführung mit recht guten Schaspielern: Olaf Schürmann gab einen aufbrausenden und doch einsichtigen Amphitryon, Kristoffer Nowak hatte es als Jupiter nicht leicht, das Hoheitsvolle gelang ihm zuweilen, Alkmene, die bei Kleist stark aufgewertet ist, Gab Antonia Reidel gute Konturen, Marius Hubel und Reinhard Peer machten als Merkus und Sosias das Spiel so richtig zur Komödie und amüsierten glänzend, Elisabeth Kram war als Charis eine gute Ergänzung zu Alkmene. Marcus Everdings Regie machte vieles verständlich und klar. Bei einer Komödie stört moderne Kleidung kaum, wenn sie gut gespielt ist, einige Anachronismen machen Komödie, wo sie nicht notwendig ist, vor allem die Dialoge per Handy oder Schlachtenbericht mittels Computer. Als Bühnenbild genügten Hausmauer mit Drehtür und Stockfenstern, freilich in recht bescheidener Ausführung.

Mittwoch, 17. September 2008

B Brecht: Die Judith von Shimoda in der Josefstadt

Das aus dem Erbe der finnischen Koautorin ergänzte und wiederhergestellt Stück ist eine typisch Brechtsche Parabel. Und es gibt Mavie Hörbiger die Gelegenheit als Okichi vielfältig zu glänzen. Die Japanerin verstößt gegen den Brauch nicht für Ausländer zu arbeiten, rettet aber durch ihren Dienst beim amerikanischen Botschafter ihre Heimatstadt vor der Bombardierung. Für dieses Opfer erntet sie keinen Dank. In der Folge wird sie beschimpft, ihre Ehe scheitert und sie erliegt der Trunksucht. Erst nach ihrem Tode wird sie zur gefeierten Heldin. Die Aufführung ist von H Sasse sorgfältig inszeniert. Für mich ein Gewinn!

Dienstag, 16. September 2008

Schönherr Karl: Der Weibsteufel im Akademietheater

Eigentlich wollte ich keine Inszenierung von Martin Kušej mehr sehen. Nun habe ich meinen Vorsatz nicht befolgt und bin beinahe bekehrt. Die Inszenierung im Akademietheater war wirklich sehens- und hörenswert: Die Sprachebene zwischen Hochsprache und Tirolerisch gerade richtig, die Baumstammkolosse schräg über die Bühne spiegeln trefflich die Schwierigkeit der Beziehungen. Und dazu glänzende Schauspieler: Birgit Minichmayr als Weib, Nicholas Ofczarek als jünger Grenzjägler und Werner Wölbern als Schmuggler. Auch Schönherrs Wortverknappung war gut getroffen. Ein Wendepunkt.

Sonntag, 14. September 2008

Volkstheater: Per Gynt (H Ibsen)

Die Aufführung lebt von der hervorragenden Darstellung des Raphael von Bargen als Per Gynt. Die deutsche Fassung von Peter Stein und Botho Strauß unter Verwendung der Übersetzung von Christian Morgenstern wird nicht immer glücklich gekürzt. Desillusionierend ist auch die Konzeption als Traum in der Psychiatrie. Das nimmt dem Stück viel von seinem faustischen Zauber.

Sonntag, 17. August 2008

Schiller: Die Räuber

Wer einen verhundsten Klassiker sehen will, eile zur Festspielzeit nach Hallein auf die Pernerinsel nach Hallein. Diesmal war Nicolas Stemann aus Hamburg der Täter. Es wäre besser Musiker geblieben oder inszenierte Stücke mit Chor, da ihm nicht an der Führung einzelner Persönlichkeiten gelegen scheint, vielleicht den Fiesco oder eine griechische Tragödie. Er läßt hauptsächlich 4 männliche Schauspieler alles darstellen, sie sind Franz und Karl Moor, aber auch die Räuber. Das wirkt im Prolog ganz interessant, zumal die Vier gut agieren und gut geführt sind, wird mit der Zeit aber bloß verwirrend. Oft müssen sie sagen, wer und wo sie sind. Mit Musik und Thythmus will Stemann Langeweile überwinden. Aber mit seinem Verwirrspiel erzeugt er erst recht Langeweile, und das kulminiert im 2. Teil. Es ist auch kein Baader-Meinhoff-Stück geworden, denn die Räuber sind völlig gekürzt. Was bleibt ist sinnloser Aktionismus, besonders wenn unverständlich durcheinander geschrieen wird, die Schauspieler sich als Beatmusiker darstellen oder das Moorsche Spielzeugdorf anzünden. Schade um den Abend!

Donnerstag, 14. August 2008

Euripides: Elektra

Eine Aufführung im Hof der Glyptothek lebt allein schon von der Stimmung, ringsum in erhellten Räumen die antiken Statuen, im Hof Tische mit Wein, Wasser und Brot, dazu Sitzpolster und Decken, sogar rauchen kann man. Die Aufführung, inszeniert von Gunnar Petersen, der auch den Chor sprach, mit wenig Requisiten, aber deutlich sprechenden Schauspielern, mit manchmal etwas zu üppigen Gesten. Nur Klyteimnestra kam nicht zu ihrem Auftritt, da es zu schütten anfing. Es war zwar schade um die letzte halbe Stunde, trotzdem schien der Eindruck auch ohne Muttermord groß genug. Die Übersetzung Hellmut Flashars ist teilweise gelungen, wenig Modernismen, manchmal ungewöhnliche Interpretation.

Dienstag, 15. Juli 2008

München Residenzth: Molière: Misanthrop

Der Inszenierung Ruckhäberles gelingt es auf einer immer gleichen stuhlreichen Bühne unter Weglassung der politischen Texte nicht, Alceste glaubhaft als Misanthropen darzustellen. Was bleibt, ist ein unglücklich Liebender und einer, der die Gesellschaft provoziert. Diesem Bild wird Jens Harzer gerecht, mehr nicht. Wortwitz ist weitgehend durch Mimik und Gesten, gekonnt, aber nicht glaubhaft ersetzt.

Theatron Kritikós

Wer lispelt, wird Schauspieler. Wer hustet, geht ins Theater. (Alexandra Lauterbach)

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