Theater
Ein interessanter Beginn wurde leider nicht durchgehalten. Aus dem Untergrund kommen die unzufriedenen auswanderungslustigen Athener Pisthetairos und Euelpides und entwickeln allmählich ihren Plan, der schon in den sprechenden Namen steckt. Die Schauspieler sind als Typen gut gewählt, sprechen aber nicht immer deutlich (Thomas Gerber, Jörg Seyer). Mit Hilfe des Wiedehopfs Tereus setzen sie bei den Vögeln ihren Plan durch, der dann auch funktioniert: Sie verhindern, daß die Menschenopfer zu den Göttern aufsteigen und erringen dadurch Macht. Das Bühnenbild des Regisseurs Schulte-Michels scheint mir eine gute Lösung: eine unendlich scheinende Treppe von unter der Bühne bis über den Schnürlboden. Obwohl sich auch die Vögel bemühen, fehlt es doch an Strahlkraft: Es fehlt letztlich die Gleichzeitigkeit von Heiterkeit und Bedrohlichkeit. So plätschert das Stück nach gutem Beginn allmählich triste dahin, es kommt weder zu Lachorgien, was vielleicht an der Übersetzung des Herrn Ludwig Seeger liegt, noch zur Überraschung durch ungewöhnlich Ideen Zur Bekämpfung von Mißständen.
Georgos - 9. Feb, 10:20
Interessantes Theater mit einem ansteigenden Wandelgang rund um die Spielfläche. Findet bei Schulklassen offenbar Anklang. Die Geschichte wird von einem Leser und mehreren Schauspielern veranschaulicht, die zumeist mehrere Rollen spielen. Der Inhalt wird vermittelt, ohne auf Unterschiede zwischen Eilhart und Gottfried von Straßburg (eine Generation später) einzugehen. Auch kein mhd. Wort kommt über jemandes Lippen. Das kann auch das größte Bemühen von Schauspielern (Grujcic als Tristan, Julia Ribbeck als Isolde) und Erzähler (Thomas Kasten) nicht ausgleichen. Das Epos wurde wohl für Schüler als Halbmusical von Fanny Brunner inszeniert.
Georgos - 29. Jan, 14:59
Das war eine der erbärmlichsten Aufführungen, die ich je gesehen habe. Schlechte Schauspieler, einfallsloses Bühnenbild, Kostüme nur für die Walpurgisnacht, und die denkbar langweilig. Inszeniert hat Andreas von Studnitz. Aber das Konzept kann nicht aufgehen: ein Faust von heute, ein Gretchen von heute, ein Mephisto von ... ? Zwar wurde gekürzt, Szenen ausgelassen und umgestellt, sogar der Text profanisiert - das hilft aber alles nichts. An den verbleibenden Goetheresten scheitert doch alles. Aber auch sonst: Valentin wird erschossen, der Mostmonolog ingendwo unvollständig eingefügt, das smarte Teenagergretchen taugt zu keiner Liebesgeschichte mit Fragen nach dem Glauben des Geliebten... In kanpp zwei Stunden war der erste Teil vorüber. Der zweite Teil bestand praktisch nur aus der Helenaszene, freilich ohne gotische Burg, ohne Euphorion. Im Hintergrund flimmerten ungeeignete Projektionen, im Vordergrund wurde ein wenig deklamiert. Kein Homunculus, kein Fürstenhof, keine Philemon und Baukis, keine klassische Walpurgisnacht. Schade um den Abend, da auch die Protagonisten schwach waren: Der Faust von Wilhelm Schlotterer machte einem Stotterer Ehre, der Mephisto von Christel Mayr zieht zwar mächtige, übertriebene Grimassen, das feine Stimmchen vermag aber dem Teufel keine Gewalt zu verleihen, und Gretchen (Annette Fassnacht) weist keinerlei Lyrismen auf.
Georgos - 26. Jan, 14:04
Es war bei weitem nicht mein Faust, den ich so schätze und liebe, aber es gab immerhin interessante Versuche. Ansgar Haag ließ Faust durch die Wette zwischen Gott und Mephisto retten. Sonst strich er Verschiedenes: Vorspiel, Auerbachs Keller, einige Einsamkeitsszenen des Faust und kleinere Textstellen. Das Studiergebäude diente auch zum Osterspaziergang, der selten ausführlich war, als Gretchens Kammer, für die Walpurgisnacht und als Kerker. Nicht allzu einfallsreich von B D Müller. Und es gab 2 Fauste. Neu war, daß der alte Faust neben dem jungen auf der Bühne blieb, sozusagen als rationaler Faut neben dem emotionalen. Das führte auch zu Raufereien, wenn der alte Faust Gretchen beschützen wollte. Sehr viele Schüler waren in der Vorstellung. Und das Gelächter der Jungen zeigt oft Schwachstellen auf, hier besonders in der Szene mit dem Erdgeist. Gespielt wurde aber beachtlich, H-J Rodewald war horens- und sehenswert als alter Faust, der Mephisto von Roman Weltzien erinnerte mich an Victor de Kowa, wenn er auch nicht dessen tiefe Töne hatte, das Gretchen der Dagmar Geppert wirkte etwas zu grob, aber daran gewöhnte man sich rasch. Vielleicht komme ich noch einmel nach Meiningen zum Faust II.
Georgos - 25. Jan, 11:16
Nun habe ich auch diesen Kleist auf der Bühne gesehen, mit geringer Erwartung, aber dafür nicht enttäuscht. Der Regisseur Roger Vontobel knüpft nicht an die Schauerstücke des 19. Jh. an, sondern interpretiert das Mißtrauen und den Argwohn, die sich immer neu zeugen. Die Durchführung im Detail kann man freilich nicht als gelungen bezeichnen. Das Liebesdreieck Ottokar (Sebastian Weber), Johann (Oliver Mallison) und Agnes (Lena Lauzemis) hat berührende aber auch abstoßende Momente.
Sie kommunizieren über eine Art Puppenspiel (eine Anspielung auf Kleists Essay über das Marionettentheater?), leider mit Plastikmännchen und eher beziehungslos. Johann wird als natürlicher Sohn entsprechend degeneriert gezeichnet. Wozu? Agnes ist unschuldig und durchtrieben zugleich. Wie geht das? Wenig konnte der Regisseur mit den Kindermorden anfangen, während Jeronimus' Händel breit ausgewalzt werden.
Conclusio: Es könnte sich vielleicht lohnen, auch wieder in die Kammerspiele zu gehen.
Georgos - 24. Jan, 09:03
Eine Empfehlung eines Freundes, aber nicht mein Geschmack. Drei Freunde geraten in Zwist, als einer (Gerd Wameling als Serge) ein völlig weißes Bild um 200000 Franc kauft. Das Trio spielt ausgezeichnet, vor allem in Gestik und Mimik, nicht immer mit Sprachdeutlichkeit. Der Inhalt hat doch wenig Tiefe, ist auch für eine Komödie zu flach, das Boulevardstück wäre in den Kammerspielen besser angesiedelt. Daß es ohne Pause geboten wird, macht nichts besser.
Georgos - 11. Jan, 14:00
Der Holzhändler Shlink (Rainer Bock) und George Garga (Thomas Lobl) liegen im Kampf. Die Deutung ist nicht leicht: Sozialer Kampf, Kampf um Beherrschung oder Freiheit? Stirbt Shlink als Sieger? Die Inszenierung von Tina Lanik ist personenreich und entsprechend verworren. Ergenisse und Reden sind rätselhaft. Ist es die Widersprüchlichkeit des Lebens selbst? Die Personen agieren hektisch bewegt, Leidenschaft zeugt immer viel Aktion. Ist das Leben sinnlos geworden? Aus der Fabel wird man nicht schlau, das Chaos scheint angestrebt. Auch das Städtische ist nicht wirklich thematisiert. Ein rätselhaftes Stück, zerrissen, macht nachdenklich und läßt doch allein. Die Szene (Magdalena Gut) wechselt zwischen Vollbühne und vor dem Vorhang. Auch ein kleines Wasserbecken spielt mit. Die Frauen kämpfen um Liebe, oft käufliche. Zwei Stunden ohne Pause läßt wenig Zeit zum Nachdenken.
- 9. Jan, 16:04
Gediegene Inszenierung von Tina Lanik mit guten Schauspielern: Lambert Hamel als egoistischer Baumeister, der mit seiner Frau (Cornelia Froboess) um das schuldhaft verlorene Kind trauert, aber von der märchenhaften Hilde Wangel (Marina Galic) auf einen anderen Weg gebracht wird und schließlich zu Tode stürzt. Die Figur der Hilde erweist sich als ambivalent, halb wundertätiger Engel, halb verderblicher Versucher.
Georgos - 2. Jan, 21:56
Die Aufführung ist so greulich, daß sie schon wieder denkwürdig wird. Der Regisseur Sebastian Hartmann will Formen der Liebe ausloten und löst diese auf in eine Farce. Die Tragödie wird zum Mimus. Nichts bleibt an seinem Platz. Natürlich soll versucht werden, ein Stück jeweils neu zu interpretieren, aber dazu braucht man einen Interpretationsansatz. Der war nicht zu sehen: Ein Balkon als Lift mit Amme und unnötiger Zusatzfigur, dafür ohne Stimmung, ein betrunkener Hurenbock von Mönch, die Familienoberhäupter als debile Rückständler usw. Nichts blieb im Lot. Die Schauspieler hatte keine Chance und sind daher auch nicht erwähnenswert.
Georgos - 30. Dez, 22:01
Libgart Schwarz las aus dem Romanfragment Andreas von Hugo von Hofmannthals den Venedigteil. Sie lockerte das so weit möglich auf durch Einleitung, Hinweise auf ein Gemälde und Proben aus den Fragmenten. Bei dem wunderbaren Ausdruck verzieh man gern einige Versprecher. Der Text ist ansprechend und erfordert Konzentration, da die symbolistischen Vorgänge schwer nachzuvollziehen sind.
Georgos - 29. Dez, 20:59