Theater

Donnerstag, 27. September 2007

LT Innsbruck J-P Sartre: Die Troerinnen des Euripides

Ich hätte mir Beziehungen zur Resistence erwartet, aber es wurden aktuellere zum Irak. Die troischen Witwen saßen da in verhüllenden Schleiern und wurden von bösen Amis in Montur mit Maschinenpistolen in Schach gehalten. Es wurde aber hervorragend gespielt, wobei für die Auftritte, wenn es sich nicht um Chorpartien handelte, die Schleier abgelegt wurden. So überzeugte Eleonore Bürcher als Hekuba, die dann auch die Worte gegen den Krieg einprägsam brachte. Glänzend der berechnende Charakter der Helena, gespielt von Elli Wissmüller. Die Regie von Barbara Neureiter ließ das Griechentum doch immer wieder durchblicken. Wenig informativ die Einführung durch die Dramaturgie.

Mittwoch, 26. September 2007

LT Bregenz: Sophokles: König Ödipus

Engagiert gespielt, aber nichts Neues auf bestuhler Bühne in modernen Kostümen (Ursula Müller). Ein antikes Drama ohne echten Chor bleibt eben ein Torso. Auch versteht der Regisseur Lothar Maninger das Analytische nicht überzeugend zu bieten.

Sonntag, 23. September 2007

Akademietheater Shakespeare: Der Sturm

Endlich wieder ein großes Theatererlebnis. Die Regisseurin Barbara Frey und der Dramaturg Joachim Lux haben aus dem Märchen ein Lehrstück gemacht. Das personenreiche Stück ist auf drei Schauspieler reduziert, die je zwei bis drei Rollen spielen: Maria Happel spielt das Ungeheuer Caliban und die Prinzessin Miranda (es ist schon eine Leistung zwei so gegensätzliche Rollen zu glaubhaft verkörpern, nur indem man einen Haarreifen aufsetzt), Joachim Meyerhoff den Herzog Prospero und den Hofnarren Trinculo (eindringlich vor allem als Herzog), Johann Adam Oest den Luftgeist Ariel, den Säufer Stephano und den Herzogsohn von Neapel – eine unglaubliche Wandlungsfähigkeit bis ins Einzelne! Diese sophokleische Konstellation konzentriert das Drama auf wesentliche Aussagen, macht aus dem Märchenspiel ein Lehrspiel allgemeiner Gültigkeit. Da stört es auch nicht, wenn Regieanweisungen oder Handlungsdetails soweit als notwendig abgelesen werden. (Weniger als in Nürnberg bei Schnitzlers Dr. Bernhardi).

Sonntag, 16. September 2007

LT Linz Goethe: Torquto Tasso

Ein etwas zu exaltierter Tasso, der sich auch in der Unterhose präsentieren muß, schadet der Wirkung des Stücks sehr. Der Regisseur André Turnheim versucht immer wieder die Dialoge durch wenig passende Zwiegespräche der Schauspieler aufzulockern, was bei dem anspruchvollen Text nicht helfen, nur stören kann. Auch daß alle Schauspieler immer auf der Bühne präsent sind, ist schwer nachzuvollziehen. Trotzdem hilft die heimelige Atmosphäre der Kammerspiele und das Bemühen der Schauspieler über manches hinweg. Irgendwie ging mir die Aufführung näher als jene im Burgtheater.

Freitag, 14. September 2007

Peter Stein: Faustphantasie

Peter Stein musste am Samstag als Wallenstein einspringen, so kam es bei der Anfahrt wegen Terminverschiebungen zu einigen Kalamitäten mit den elite-tours. Dennoch gelangten Antonina und ich nach Schlosshof, das nach der Restaurierung schon wieder etwas abblattelt, bewunderten aber noch die Gartenaussicht und genossen ein wenig vom Heurigenbuffet, ehe es in den ehemaligen Pferdestall mit russischen Inschriften ging. Die Lesung wurde ein Erlebnis: Durch die Klaviermusik von Annecchino und den Pianisten Vitaletti, besonders aber durch den Vortrag und die Auswahl. Peter Stein las den Faust, aber auch Mephisto und Gretchen, besonders aber Partien aus der Walpurgisnacht ohne übertriebene Stimmveränderung, aber rhythmisch und ausdrucksvoll.

Donnerstag, 13. September 2007

Burgtheater: Dort ist das Glück (Liederabend nach Franz Schubert)

Ein grässlicher Abend. Auf der Bühne saß die Musicbanda Franui aus Innervielgraten, spielte Schubertmelodien an, verpopte sie, um sie schließlich auch noch zu verlandlern. Als gegen 21 Uhr auch noch Jodler ertönten, hielt es mich nicht mehr. Dem konnte auch Sven-Eric Bechtolf Lesung der Texte nicht entgegensteuern.

Freitag, 27. Juli 2007

LT Salzb Festsp: Bernhard: Ein Fest für Boris

Das Theater unserer Zeit hat mit Handlung und Geschehen nicht mehr viel zu tun, auch nicht mit Akteinteilung. So gibt es auch in diesem Stück zwei Vorspiele und das Fest. Im ersten Vorspiel monologisiert die beinlose Gute (Viviane de Muynck) im Negligé vor ihrer Dienerin Johanna (Nadine Geyersbach). Vieles erinnert an Samuel Beckett, nur daß dessen Figuren nicht psychologisch gesehen sind. Bei Bernhard geht es um Krankheit, naturbedingtem Verfall, Einsamkeit, Kälte und Trostlosigkeit. Die wohlhabende Dame der guten Gesellschaft redet auf Johanna ein, sie versucht eine Selbstbestimmung ihrer selbst und ihres Gegenübers. Ähnliches ist auch sonst bekannt, hier unterstützen eine gute Schauspielerin und die Regie die Selbstzerfleischung in fast unerträglicher Weise. Viele Wendungen Bernhard sind trefflich, andere wirken banal und überflüssig. Es entsteht aber ein dichtes Bild. Im zweiten Vorspiel kommen ‚Die Gute’ und Johanna von einem Wohltätigkeitsball, erstere im Abendkleid und mit Krone, letztere mit einem Schweinskopf. ‚Die Gute’ hat den ebenfalls beinlosen Boris (Thomas Wodianka) aus dem Asyl geholt und geheiratet. Er liegt im Bett, zerreißt das Leintuch und knüpft seine Lektüre an ein immer länger werdendes Band. Dialog gibt es auch jetzt keinen, Boris spricht keine drei Wörter, ebenso Johanna. ‚Die Gute’ beantwortet sich alles selbst, sie sinniert über die Teilnehmer am Wohltätigkeitsball, fragt Boris, ob er die aufgegebene Lektüre gelesen hat und freut sich auf das Fest zu Boris Geburtstag. Nach der Pause findet das Fest mit beinlosen Krüppeln aus dem Asyl statt. Dazu kommt eine kleine Musikband. Johanna muß mit zusammengebundenen Beinen rutschend servieren und wird von den Krüppeln schikaniert. Boris geht es ebenso. Das Fest ist nicht für ihn, wohl für ‚Die Gute’ Diese scheint sich in diesem Kreis wohlzufühlen. Die Krüppel liefern einige Beschwerden über das Asyl rundum ab, auch einige abgeschmackte Histörchen. Dann dürfen sie gehen. Boris versucht immer wieder, auf die Beine zu kommen, scheitert aber, fällt immer wieder hin. Johanna holt ihm einige Male auf, letztlich aber stirbt er (durch Johannas Zutun?). ‚Die Gute’ nimmt seinen Tod gelassen hin. Thomas Bernhard will uns wohl Beziehungslosigkeit und Egozentrik vorführen, wie der Mensch immer nach eigener Überhöhung sucht trotz Krankheit und Verfall. Letztlich bleibt auch das bei aller Bildung und allem Einsatz von Geldmitteln Selbstbetrug. Die Regie Christiane Pohles intensiviert diese Aussage, die Bühne (Annete Kurz) kreist dauernd, nur am Rand bleiben Fixplätze. Die Krüppel lagern auf Fauteuils, die sie allenfalls mit den Händen schieben können.
Ich war lange unentschlossen, ob ich mich dieser Sichtweise hingeben könne. Sie belastet doch sehr trotz einiger unpassender Lacher des Premierenpublikums.

Dienstag, 10. Juli 2007

München Kammerspiele: Jelinek, Ulrike Maria Stuart

Ein Wechselspiel zwischen Ulrike Meinhoff und Gudrun Ensslin, die gelegentlich in Maria Stuart und Elisabteh I. schlüpfen. Zumeist monologisieren die beiden Damen, sprechen rhythmisch und schnell, daß man kaum mitdenken kann, widersprechen und widerrufen gleich wieder, so daß man sie mit dem Denken doch wieder einholt. Ulrike im Kreise ihrer Familie, nicht eben geschätzt, Ulrike im Verhältnis zu Gudrun, Ulrike zwischen Gudrun und Baader, der, typisch für Jelinek, als überheblicher blöder Mann dargestellt wird. Kein berauschendes Stück, das Jossi Wieler auch irgendwie auf die Bühne bringt. Die Schauspielerinnen Bettina Stucky und Brigitte Hobmeier agieren mit Engagement.

Sonntag, 24. Juni 2007

Berlin: Kindlbrauerei: Schiller: Wallenstein

Ungekürzte Aufführung in der alten Kindlbrauerei mit riesiger Bühne ohne Maschinerie. In Wallensteins Lager ist die Bühne eindrucksvoll gestaltet (Ferdinand Wögerbauer) mit intensiven Aktionen. Allerdings geht die Kapuzinerpredigt (Axel Werner) etwas unter. In der Piccolimini und Wallensteins Tod wird das Bühnenbild kärglicher und in den 20’ Pausen händisch umgestaltet. Die einstündige Pause war durchaus notwendig bei der fast zehnstündigen Aufführungsdauer, allerdings staute es sich gewaltig bei den wenigen Ausgängen und den Versorgungsstationen. In der Nähe sind aber kaum Alternativen zum Essen. Peter Steins Regie war nicht ganz so überzeugend wie im Faust oder sonst. Das liegt vielleicht auch an der unterschiedlichen Qualität der vielen Schauspieler. Klaus Maria Brandauer war ein zögerlicher und bedenklicher Feldherr, dem irgendwie die militärische Überzeugungskraft und Autorität mangelte. Seine Ehrgeiz spiegelt sich eher in den Damen, die ihn umgaben: Seine Gemahlin (Elke Petri) bleibt wohl schon von Schiller her blaß, die Tochter Thekla (Friederike Becht) leistet, verliebt in Octavio unterschiedlichen Widerstand, die Gräfin Terzky (Elisabeth Rat) scheint viele Intrigenfäden energisch in Häden zu halten. Octavio Piccolomini (Peter Fitz) spielte mit Gipsbein, trotzdem sehr engagiert. Sein Vater Max (Alexander Fehling) vertrat glaublich unterschwelig die Habsburgpartei, während der Kriegsrat von Questenberg (Michel Rotschopf) einen unsympathischen Vertreter der Habsburger gibt. Gut besetzt auch Buttler (Jürgen Holtz), der den soldatischen, nichtadeligen Aufsteiger glaubhaft mimt, dessen Treue sich nach der Aufdeckung der Zurücksetzung durch Wallenstein in vernichtenden Haß umschlägt. Die übrigen Generalität war unterschiedlich adäquat. Ein schöner Nachmittag, an dem die Begeisterung aber nicht ganz aufkommen wollte.

Montag, 28. Mai 2007

MuseumsQuartier Halle G: Brecht: Baal

Eine Aufführung in französischer Sprache mit Kopfhörern? Da ist die Leistung der Schauspieler für mich schwer zu beurteilen. Die Inszenierung von Sylvain Creuzevault war intensiv, doch zu sehr aktualisiert, etwa mit dem neuen Präsidenten, mit Einlagen in deutscher und englischer Sprache. Dem Motto: „Was ist Fleisch, es zerfällt wie Geist wurde vollauf genüge getan. Trotzdem ging mir die deutsche Aufführung vor ca. 40 Jahren im Wiener Ateliertheater mehr unter die Haut.

Theatron Kritikós

Wer lispelt, wird Schauspieler. Wer hustet, geht ins Theater. (Alexandra Lauterbach)

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Viel Fahrerei, aber ein immer wieder schönes Erlebnis....
Georgos - 31. Jan, 20:57

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