Oper

Freitag, 26. Oktober 2007

Oper Stuttgart H Berlioz: Les Troyens

Es mag durchaus verdienstvoll sein, Künstler an Gedenktagen zu ehren und dem Vergessen zu entreißen. Ich bezweifle aber, daß diese Aufführung den Komponisten ehrt, bzw. dem Vergessen entreißt. Die Stärke von Berlioz liegt sicher nicht in der Oper. Sei es weil die Romantik keine Dramatik will, sei es daß der dramatische Aufbau ihm nicht gelingt und in lauter Nummern zerfällt, sie es daß seine Musik zwischen Mangel an Erfindung oder Plattheit der Melodie krankt. All das wird durch diese Aufführung noch unterstrichen. Die Inszenierung von Joachim Schlömer trennt die vielen Abschnitte noch mehr und stzt viel Klamauk in Szene: Wenn z.B. drei schwarze Soldaten endlos durch Didos Schlaf- und Klavierzimmer gejagt werden oder der Schamane rätselhaft umhergeistert. Die Bühne von Jens Kilian macht auch nichts leichter, zuerst drängt sich das Volk zwei Akte lang in einer Höhle (wohl unter der trojanischen Mauer) und es dauert jeweils sehr lange, bis das Gedränge beim Verlassen derselben sich legt. Dazwischen schlägt man Löcher in die Wand, um Kultgegenstände, den Astyanax oder sonstiges herauszuholen. Unerträglich aber wird das Bühnenbild des 3. und 4. Aktes. Didos Palast soll offenbar als technologisch fortschrittlich gezeigt werden: Glaswände vor einem Boudoir der Königin und dem Klavierzimmer, eine Galerie, zur der ein Aufzug führt, und eine mächtige Fernbedienung für Vorhänge. Die Besetzung passt sich der ganzen Malaise an: Aeneas gibt der Koreaner Ki-Chun-Park, klein, schlank und ausdruckslos. Dafür ist Dido (Christiane Iven) pompös wie eine Brünhilde, aber in Spiel und Gesang nicht überzeugend. Noch unglücklicher die Schwester Anna, die im Minirock, der wenig zu ihrer Körperfülle passt, mit Sexsymbolen tändelt. Das alles durch zwei einstündige Pausen gelängt. Eine negative Erfahrung – nicht mehr.

Freitag, 28. September 2007

LT Salzburg: Humperdinck: Hänsel und Gretel

Hänsel und Gretel verirren sich, von der Mutter aus der engen Mietwohnung verstoßen, nicht im Wald, sondern in der Großstadt. Im übrigen wird engagiert gespielt und gut gesungen. Kräftig Sebastian Holecek als Vater, weniger Monika Waeckerle als Mutter. Der Hänsel Astrid Hofers überzeugt mehr als die Gretel Erin McMahons. Ein Erlebnis ist die Knusperhexe Franz Suppers mit guten hohen Tönen und ausdrucksvollem Spiel. Das Orchester füllt zwar auch die Logen, macht aber klar, warum man im Landestheater kaum Wagner spielen kann.

Sonntag, 29. Juli 2007

Großes Festspielhaus: Tschaikowsky, Eugen Onegin

Eine aufwendige Aufführung für gut zahlendes Publikum, das diese heffentlich auch verdient. Daniel Barrenboim und die Wiener Philharmoniker schaffen die perfekte musikalische Grundlage, Anna Samuil als Tatjana, Peter Mattei als Onegin und Joseph Kaiser als Lenski stellen vermutlich die derzeit bestmögliche Besetzung dar, da hat es sogar Furlanetto als Gremin schwer mitzuhalten. Auch die anderen Sänger sind gediegen. Hohe Holzräume geben die Atmosphäre für Landgut und Ballsaal, drehend öffnen sie den Blick auf Kornfeld und Park (Bühnenbild: Martin Zehetgruber). Andrea Breth führt Regie, und sie tut dem Puschkin nicht immer gut. Viele Eigentümlichkeiten und Theatralismen: Jeweils zu Beginn eines Aktes betrachtet ein Mann im Fernsehen (sic!) die ins Unendliche laufenden Gleisstränge (Tschaikowsky, Puschkin, Ongein???). Die Amme sitzt oder wandert durch die Gegend, kann aber ajana nie nahe kommen. Der stolze weltgewandte Onegin wird nach dem Duell kleiner, wälzt sie schließlich vor Tatjana (vergebens) auf dem Boden. Unmöglich ist deren Kleid im letzten Bild, das wie eine Kombinage wirkt und ihr alle Hoheit und Ferne nimmt. Auch der Sekundant Onegins hat bessere Tage gesehen (ein unterstandsloser Säufer). Auch die Randerscheinungen auf den Bällen wie Trunkenbolde und Liebeshungrige erhellen wenig, dienen nur dazu, den Bühnenboden naß zu machen. Eine trefflich gesungene und gespielte Aufführung, mit imposantem Bühnenbild und stacheligen Regieeinfällen.

Freitag, 18. Mai 2007

Theater an der Wien: Janaczek: Aus einem Totenhaus

Sehr ausdrucksstarke Musik (Dirigent Pierre Boulez) und eine gute Ensembleleistung in der Inszenierung von Patrice Chéreau. Das Stück selbst zerfällt freilich in viele Einzelteile, Auftritte einzelner oder Gruppen von Gefangenen und vor allem gegen Ende nimmt die Monotonie überhand, wenn eine immer wieder ähnliche Erzählung allzu uferlos wird. Die Musik schlägt das Drama bei weitem.

Mittwoch, 9. Mai 2007

Graz Oper: Der Evangelimann

Zuerst war ich schwer enttäuscht, dass es dieselbe Inszenierung und Regie war, die mich wenige Wochen zuvor in der Volksoper gestört hatte. Aber Musik und Sänger waren klar besser als in der Volksoper, und so schien es, dass sie auch glaubwürdiger spielten. Christiane Libor als Martha hat eine sehr gut geführte Stimme, die wohl auch für Wagnerpartien reichen würde, trotzdem ausgeglichen und schön tönt. Für diese Rolle ist vielleicht ihre walkürenhafte Erscheinung hinderlich. Den Mathias Freudhofer gibt der Amerikaner Jeffrey Francis nuanciert und glaubhaft, mit besonders starker Einfühlung. Für mich die Entdeckung des Abends. Wolfgang Koch als sein böser Bruder ist im 1. Akt etwas linkisch, was am Regisseur liegen mag, überzeugt aber in der Krankenszene mit dramatischen Ausbrüchen und einer durchschlagkräftigen schönen Stimme. Sänger und Orchester haben mir trotz Bühnenbild und Inszenierung noch einen schönen Abend in Graz beschert.

Sonntag, 22. April 2007

Volksoper: Ravel: Die spanische Stunde, Orff: Die Kluge

Ravels Ehebruchsgeschichte gibt sich recht amüsant und musikalisch locker. Das Kammerspiel entlockt einiges Schmunzeln , damit hat es sich.
Trotz ihrer Märchenhaftigkeit geht Orffs Kluge bedeutender einher. Alles steht auf seinem Platz, Rätsel, Gleichnisse, Sprüche wirken gewichtig. Die Musik unterstützt das wirkungsvoll. Gespielt und gesungen wird beachtlich, vor allem der König, Wolfgang Koch, trägt die Handlung, gut unterstützt von Natalie Karl als Kluge Bauerntochter. Gut platziert noch die drei Strolche Christian Drescher, Josef Forstner und Stefan Cerny.

Mittwoch, 11. April 2007

Staatsoper Wien: Parzival

Verglichen mit der Walküre in Karlsruhe nur im Preis überragend. Donald Runnicles dirigierte nicht nach meiner Erwartung, da war kaum die ewige sehnsüchtige Melodie, die Regie von Christine Mielitz nicht gerade aufregend, ebensowenig das Bühnenbild von Stefan Mayer. Kundry Deborah Polaski darstellerisch überzeugend, weniger in der Höhe, der Gurnemanz von Peter Rose stimmlich zu wenig präsent, ein hölzener Thomas Moser als Parsifal, auch die andern nicht wirklich einprägsam. Schade!

Donnerstag, 5. April 2007

Karlsruhe: Wagner: Walküre

Ein sehr schönes modernes Theater, ohne Logen, ohne Seitenpläzte, steigt schon im Parterre stark an, man sieht und hört von allen Plätzen gut. Ein geschniegelter, etwas eitler Dirigent Anthony Bramall leitet exakt ein gut spielendes Orchester. Die Sänger erreichen leicht das Niveau der Wiener Staatsoper. Herausragend besonders die Sieglinde von Edith Haller, deren Timbre auch in der Höhe dunkel strahlend bleibt, durchdacht agierend und gut artikuliert singend die Fricka von Silvia Hablowetz, strahlend der Siegmund von Lance Ryan, jugendlich kräftig Hunding Mika Kares, akzentuiert der Wotan des Thomas Johannes Mayer, etwas schrill, aber kräftig die Brünnhilde cer Caroline Whisnant mit deutlich slawischem Akzent. Etwas hausbacken die Regie von Denis Krief mit vordergründigen Bewegungen und schlecht nachzuvollziehenden Arrangements der Personen, vor allem der Walküren. Sehr eindrucksvoll der Disput Wotans mit Fricka und Brünnhildes Todesankündigung für Siegmund. Der Regisseur ist auch für das sparsame, eher konservative Bühnenbild verantwortlich. Ein Abend, der erhebt und genießen lässt.

Sonntag, 11. März 2007

Volksoper: Der Freischütz

Eine Spätnachmittagsvorstellung mit sehr unterschiedlichem Publikum. Marelli ließ die Handlung auf einer schrägen polygonalen Scheibe ablaufen. Das bewährte sich teilweise, obwohl es den Spielplatz bei Chorszenen stark beschränkte. Leopold Hager leitete ein beachtliches Sängerensemble, unter der Erwartung sang nur Max. Nachhaltig die Damen Andrea Bogner und Jessica Muirhead, die ja auch die schönsten Arien haben.

Montag, 5. Februar 2007

Volksoper Wien: Wilhelm Kienzl: Der Evangelimann

Trotz des Tadels meines Violonslehrers Perl eine alte Liebe von mir. Vor fast 50 Jahren mit der idealen Besetzung Julius Patzak und einem herrlichen Alt, an dessen Namen ich mich nicht mehr erinnere. Die Sänger waren auch diesmal gut, vielleicht nichts außerordentlich. Dietrich Greve und Michael Baba gaben als Brüder Johannes und Mathias Freudhoder ein ordentliches Debut in der Volksoper. Die Inszenierung war nicht gerade revolutionär, aber ganz ordentlich. Herr Köpplinger wollte aber doch Spuren setzen: So machte er aus dem Schneider Zitterbart einen Juden, dem als solchem über mitgespielt wird. Ähnlich lauern im 2. Akt Hahnenschwänzler einem Juden auf??? Paßt zwar zum „Verfolgung leiden“, nicht aber zur Historie. Wenn schließlich Mathias in einem Spitalszimmer seine Lebensbeichte ablegt, wirkt auch das unangemessen, noch dazu bei einem ‚horror ludi’. Alfred Eschwé dirigierte einfühlsam. Bühne und Kostüm fielen kaum auf.

Theatron Kritikós

Wer lispelt, wird Schauspieler. Wer hustet, geht ins Theater. (Alexandra Lauterbach)

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Georgos - 31. Jan, 20:57

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