Einal eine ganz erfreuliche Überraschung. Da spielen Schauspielschüler unter der 27-jährigen Münchner Regisseurin Sonnenbichler und faszinieren, stellen die Darsteller des Varabends im großen Haus bei weitem in den Schatten. Herausragend Sebastian Reiß als Leonce, aber auch Claudio Körber als Gouvernante. Die Regisseurin läßt sie wie ferngesteuerte Puppen auftreten, und das überzeugend in Gestik, Sprache und Mimik. Selten kommt es zu Persönlichem. Ein begeisternder Abend.
Georgos - 27. Jan, 17:11
Der erste Teil bietet den überklugen und unbezwingbaren universitären Haudegen Cardenio und seine mißglückte Liebe zu Olympia. Auf der Flucht geräte er im 2. Teil als Pilger nach Jerusalem, wo sich alle finden, irgendwie verwandt sind und als Märtyrer erlöst sterben oder ins Kloster gehen. Ist schon der Inhalt schwer zu verdauen, so ist es völlig die Sprache. Ein kaum zusammenhängendes Gebilde ungefüger Gedanken und formaler Schwankungen.
Georgos - 3. Feb, 22:29
Erstling Hauptmanns. Der damit die deutsche Literatur an die Weltliteratur heranführt (Zola, Ibsen, Tolstoj). Durch die Kohle wird die schlesische Bauernfamilie reich und haltlos. Säuferwahn und Inzucht machen sich breit. Nur Helene, bei den Herrenhutern erzogen, möchte sich aus diesem Sumpf befreien. Sie wird aber von Loth, der eine soziale Arbeit über die schlesischen Verhältnisse schreiben will, wegen der möglichen Erbanlagen des Säufertums im Stich gelassen und ersticht sich.
Georgos - 27. Jan, 15:19
Regisseur Tobias Kratzer und Bühnenbildner Rainer Seilmeier mögen bei einem Grazer Regiewettbewerb gewonnen haben, mit dieser Inszenierung können Sie nichts gewinnen. Das Bühnenbild bleibt ständig eine moderne Großküche, sie bleibt es, ob beim Bischof Gregor oder beim Graf Kattwald, ob auf der Flucht oder bei der Fähre, das führt schon zu starkem Realitäts- und Stimmungsverlust. Das Franz Xaver Zach sowohl den Bischof Gregor wie den Grafen Kattwald spielt, mag ja noch originell sein, wenn aber der Bischof als deus ex machina in die Küche herabschwebt wirkt das nur noch lächerlich. Der Küchenjung Leon wird von Florian Köhler jedenfalls engagiert und erfrischend gespielt, da fallen Jan Thümer als Atalus und Sophie Hottinger Edrita schon stark ab, von den übrigen Darstellern nicht zu reden. In vielen Szene z.B. Galomirs artet die Inszenierung in Klamauk aus. Leider!
Georgos - 26. Jan, 16:37
Unser Landestheater versteht es immer noch nicht, Operetten aufzuführen. Die Handlung läßt sich auch kaum aktualisieren, wie zT versucht wird, der Scharm Berlins wird fast ganz fallen gelassen. Eine Berlinerin, die Witwe Pusebach (Dagmar Biener) reicht da nicht hin, die Atmosphäre zu schaffen. Gesungen wird höchst durchschnittlich, spielen kann man ja diesen Unfug kaum. Kaum gelingt es Werner Friedl als Haushofmeister Theophil, etwas Humor beizubringen. So gehen auch die bekannten Melodien wie 'Glühwürmchen, Berliner Luft und Schlösser, die ... mehr oder weniger unter.
Georgos - 22. Jan, 21:10
Theatermuseum ist ein zweifelhafter Begriff, manchmal ist ja das Theater an sich museal, was leistet ein Theatermuseum? Dichterbiographie mit Schriftzeugnissen, Bilddokumenten, wenn möglich Verfilmungen und Tonaufzeichnungen? Ein schier unendliches Feld, das schwer richtig auszufüllen ist. Ein Dichter oder Schriftsteller wird durch das Theatermuseum kaum lebendig, er ist aufzuführen!
Georgos - 16. Jan, 10:32
Eine Ausstellung des Wienmuseums im Künstlerhaus, eher eine Materialschlacht als eine Orientierung. Es wird einfach alles erfaßt, ziemlich gleichrangig, ohne irgenwelche Konsequenzen aufzuzeigen. Das Badewesen, die Gemeindebauten, der Verkehr erdrücken Kunst und Literatur, vor allem aber Politik. Weniger ist oft mehr.
Georgos - 16. Jan, 10:27
Literaturgeschichte, diesmal aktualisiert durch Arbeitslosigkeit. Durch die Entlassung von Kasimir als Chauffeur (Roland Düringer) kommt seine Beziehung zu Caroline (Julia Schranz) ins Trudeln. Schauplatz ist das oder ein Oktoberfest. Sein „Freund“ Franz Merkl (Dietrich Siegl = SOKO-Oberst) ist an dem Streit interessiert, da er ihn gerne für seine kriminellen Tätigkeiten hätte. Da kann auch dessen mißhandelte Freundin Erna (Antje Hochholdinger) nicht beschwichtigen. Karpline sucht Möglichkeiten, zuerst bei dem Angestellten Rauch (Hannes Gastinger), dann bei dessen Chef Schürzinger (Oliver Rosskopf), der sie aber nur abschleppt. Merkl Franz wird bei einem Autoeinbruch verhaftet, Kasimir bleibt bei Erna zurück. Von der gedemütigten Karoline will er nichts mehr wissen.
Eine recht flotte und gelungene Aufführung (Regie: Thomas Richter). Roland Düringer fällt etwas aus dem Rahmen, weniger durch seine Sprache als durch übertriebene Bewegungen. Glanzpunkt sind die weiblichen Protagonistinnrn, vor allem Erna, die intensiv zu spielen weiß, ohne übertriebene Gestik. Die übrigen Rollen sind gut besetzt.
Bei der anschließenden Diskussion ist der Buffetraum übervoll.
Georgos - 9. Jan, 14:42
Literaturgeschichte, aktualisiert durch die Bankenkrise. Wenigstens bekommt man das interessante Stück ohne musealen Touch zu sehen. Ein Kassierer (Lambert Hamel) kommt durch die attraktive Kundin (Juliane Köhler) auf die Idee, sein Leben erfüllter weiterzuführen. Auf dem Weg passiert er einige Stationen: Er greift in die Kassa, wird von der Dame enttäuscht, die sein Geld nicht braucht. Sie bekommt es letztlich rechtens, um ihrem Sohn ein altes Bild zu kaufen. Er durchlebt noch einmal die Hölle seiner Familie. Er bewegt bei einem Sechstagerennen die Massen mit Prämien, aber dad Erscheinen des Kaisers verdirbt ihm das Experiment. Er diniert fein, wird aber von den Damen des Etablissements enttäuscht. Schließlich ist auch die Heilsarmee nur auf sein Geld aus, verrät ihn sogar, was mit einem Selbstmord sein Eintagesleben beendet. Die expressive Sprache wird dem Thema durchaus gerecht. Nur das Bühnenbild (Stefan Hageneier) fügt sich dem Expressionismus kaum, ist allenfalls phantasievoll und absurd, aber doch nicht passend. Die Regisseurin Tina Lanik aktualisiert aus dem Anlaß heraus, hält aber doch am Expressionismus der Ausdrucksweise fest. Mäßiger Applaus für die Nachmittagsvorstellung.
Georgos - 10. Jan, 21:51