Mittwoch, 17. Januar 2007

Gustav Freytag: Soll und Haben fertig gelesen

An dem umfangreichen Roman las ich einige Wochen, legte ihn aber nie wie in meiner Studienzeit beiseite. Der Roman schwankt zwischen dramatischen Elementen und biedermeierlicher Darstellungsweise. Man fühlt sich angezogen von den Hauptfiguren Anton Wohlfahrt, der als Beamtenwaise im Kaufmannsmilieu aufsteigt, seinem adeligen Freund Fink, dem Kaufmann Schröter usw.
Negativ stößt die grelle Zeichnung der verderbten Juden auf, besonders von Veitel Itzig, der aus Habsucht zum Mörder wird. Auch die großdeutsche Gesinnung gegen die Polen verstört.
Dem wird die deutsche Tüchtigkeit des Bürgerstandes gegenübergestellt, begleitet von einem absturzgefährdeten Adel. Einnehmend die Beziehungsfähigkeit des Protagonisten Anton zu allen Kreisen.
Auffallend eine Art innerer Monolog, der oft überpersonal ist, aber besonders da einsetzt wo die Moral eine gewisse Richtschnur bildet.

Montag, 15. Januar 2007

Gottfried Keller: Pankraz, der Schmoller

Erzählung mit fast britischem Humor. Ein Trotzkopf reißt von zu Hause auf und kehrt nach einer Generation als Offizier zurück. Bei der Erzählung seiner unglücklichen Liebesgeschichte schlafen Schwester und Mutter ein. Schließlich kehrt auch der Vater noch aus Amerika heim. Anfangsgeschichte der ‚Leute von Seldwyla’.

Samstag, 13. Januar 2007

Oper Brünn: Verdis Rigoletto

Der Rigoletto gehörte in früheren Jahren zu meinen Lieblingsopern, wegen des Melodienreichtums und seiner Handlung. Leider kann die Brünner Aufführung nicht an die in der Staatsoper, auch nicht an die in der Volksoper (etwa mit dem schon bejahrten Rosvaenge, Agnes Sorell und Bayle) anschließen, schon eher an die vor zwei Jahren in Nürnberg. Die Regie nimmt wenig Rücksicht auf den Ablauf der Handlung etwa beim Raub der Gilda oder beim Erscheinen des Herzog in Gildas Zimmer oder beim Quartett im 3. Akt, das Bühnenbild arbeitet mit einem Zimmerchen in Rigolettos Häuslein, das vielleicht für die Margarethe passend wäre, die Renaissancekostüme sind schon etwas zerschlissen. Der Herzog, ein Koreaner, singt passabel, spielt aber gar nicht, Rigoletto hingegen spielt zu viel und singt weniger, bleiben als Trost Gilda und Maddalena. Trotz musikalischen Bemühen für mich ein Fehlschlag.

Freitag, 12. Januar 2007

Schauspielhaus Graz: Grillparzers Medea

Ein starkes Regiedebüt der neuen polnischen Intendantin Anna Badora. Sie macht die Handlung dicht und trotzdem glaubhaft.
Zwei Probleme zeigen sich in Grillparzers Drama, das duchaus für sich stehen kann: Die Eingliederung einer Fremden in einen anderen Kulturkreis, das Durchhalten dessen, der sie in den neuen Kulturkreis einführt und die Reaktion der Eingeführten beim Misslingen. Ein durchaus aktuelles Thema.
Den neuen Kulturkreis bilden der thebanische König und seine Tochter Kreusa. Dazu hat Paul Lerchbaumer die Logen geschickt verlängert. Anna Eiermann hat die Kulturgesellschaft In Frack und Smoking in diese Logen gestellt und sie reagieren wie aus einer Opernballszene heraus. Unten sind die Logen wie Bretter vernagelt, zur Kommunikation wird der Verschlag gelegentlich von innen geöffnet. Jason findet bald in seinen alten Kulturkreis, Medea bleibt trotz aller Versuche draußen.
Die Medea von Martina Stilp ist überzeugend, soweit nicht ins Lächerliche übertrieben wird. Um Jasons willen versucht sie sich anzupassen, muß aber letztlich scheitern. Das scheitert auch daran, dass sie es auch mit Gewalt versucht. Sebastian Reiss gibt einen Jason, der auch dank seiner Jugendliebe Kreusa im wiedergefundenen Kulturkreis heimisch wird und seines Kampfes, Medea einzubinden, müde wird. Daniel Friedrich gibt den berechnenden Staatsmann und Vater eindringlich glaubhaft.

Mittwoch, 10. Januar 2007

Congress, Einladung der Oberbank

Die Bankenpräsentation war mit einer einstündigen Musicaleinlage geschmückt. Da behauptet die Bank, sie fördere Kultur. Ich musste den Eindruck gewinnen, es ist ihr nicht um Kultur zu tun, sondern darum, sich dem Geschmack der Mehrheit anzupassen, und das kommt einer Unkultur schon sehr nahe. Nur nicht anstrengen, nicht herausfordern, Tanz und überlauter Rock, das tuts.

Dienstag, 9. Januar 2007

Wilhelm Raabe: Die Chronik der Sperlingsgasse

Die Sperlingsgasse und die Lebenserinnerung des Erzählers bilden im wesentlichen den Rahmen für die Liebesgeschichte des Waisenkindes seines Malerfreundes. Platz bleibt für „sozialkritische Idyllen“ rundherum. Offenbar darf die Kritik aber nicht zu scharf sein. Dennoch beeindruckt die Sozialkritik. Die Erzählung wirkt dadurch freilich zerrissen, obwohl einige „Nachbarn“ terfflich, bzw. berührend geschildert sind.

Freitag, 5. Januar 2007

Oper Budapest: Richard Wagner Rheingold

Im Osten wird bekanntlich noch alles herkömmlich inszeniert. Trotzdem: Die Rheintöchter schwimmen nicht. Sie bewegen sich auf und über eine Brücke. Warum Alberich diese nicht erklimmen kann, bleibt eher unverständlich. Die Rheintöchter (Gonzalez Monika, Gemes Katalin und Gal Erika) sind gut anzusehen und noch besser anzuhören. Toth Janos als Alberich ist seiner schweren Rolle nicht ganz gewachsen, er singt zu abgehackt, auch sein Fluch ist letzlich nicht bedrohlich. Die Götter, allenfalls mit Ausnahme Berczelly Istvan als Wotan, streifen an die Lächerlichkeit: Fricka mit einem unmöglichen Kostüm, ebenso Donner, dessen Hammer ein Spielzeug, Froh mit Krone, Loge mit Haarmähne und Freia als kreischende Blondine. Da ist man schon eher geneigt, die Riesen (Jekl Laszlo und Szüle Tamas) Ernst zu nehmen. Nicht zu vergessen die schöne Stimme Erdas von Kovacs Annamaria. Der Dirigent Janos Kovacs hat sein Orchester so weit als möglich im Griff und nimmt sehr auf die Sänger Rücksicht. Sprachlich ist z.T. mehr zu verstehen als bei deutschen Aufführungen. Die Verwandlungen sind eher phantasielos inszeniert. Rhein und Walhalla leben von Laserstrahlen.

Donnerstag, 4. Januar 2007

Volkstheater: Arthur Schnitzler Liebelei

Es gehört schon Mut dazu, sich an diesen Stoff zu wagen. Patrick Schlösser versucht es im Ambiente unserer Zeit, also ohne Uniformen, in einer modernen Wohnung zuerst, im zweiten Bild bei Weiring mit wenig Einrichtung. Er versucht gar nicht erst das Duell zu motivieren und zu platzieren. Das macht es für Fritz (Till Firit) nicht leichter. Er überspielt eine Art Unsicherheit mit übergroßer Nervosität. So versteht man auch sein Verhältnis zu Christine kaum. Völlig deplaziert der betrogene Herr, der unziemlich und durchnässt ins Zimmer kommt. Jennifer Frank als Christine bemüht sich redlich, aber wie passt eine süßes Mädl in dieses Umfeld. Schnitzler lässt sich wohl schwer in unsere Zeit transformieren. Trotzdem beherrscht er derzeit viele Spielpläne.

Theatron Kritikós

Wer lispelt, wird Schauspieler. Wer hustet, geht ins Theater. (Alexandra Lauterbach)

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