Theater

Montag, 22. Januar 2007

Burgtheater: Shakespeares Ein Sommernachtstraum

Fast ein wenig zu aufwendig, jedenfalls aber faszinierend. Der Grundgedanke des Regisseurs Theu Boermans das Spiel als einen Traum des Theseus (und der Hippolyta) aufzufassen besticht und überzeugt. Weniger überzeugt mich die Übersetzung von Frank Günther, allzu sehr mit Modewörtern gespickt, oder gehört das der Dramaturgie? Folgerichtig finden sich Peter Simonischek und Andrea Clausen als Oberon und Titania wieder, was ihr Verhältnis drchaus vertiefend darstellt. Aufwendig ist der Bühnenumbau: Nach der Eingangsszene in Athen mit vielen unbesetzten Tischen unter einem großen Zeltdach, regnet es minutenlang Materie vom Schnürlboden, bis die Festdekorationen zu einer Geröllwüste werden. Das passt zwar schlecht zum Shakespearetext des Waldes, ermöglicht aber duchaus seine Effekte, wenn die Liebenden beim einander Nachjagen behindert werden oder die Handwerker ihr Schauspiel proben. Auf Übereinstimmung von Text und Darstellung wird ja allgemein kaum mehr Wert gelegt: So beteuren Hermia und Helena ihre Anständigkeit, ziehen sich aber aus, um zu verführen. Wenn man es nicht zu streng nimmt, eine gewinnende Aufführung, auch durch die Darstellung des Zettel durch Udo Samel gehoben.

Samstag, 20. Januar 2007

Arthur Schnitzler: Professor Bernhardi in Nürnberg

Die einfallsreiche Regie von Stefan Otteni ist durchaus eine Bereicherung. Er lässt die Abweisung des Priesters dreimal in verschiedenen Varianten spielen, lässt die Krankenschwester (B Zuber) als Souffleuse auf der Bühne die Regieanweisungen lesen, die unterschiedlich befolgt werden. Die Professoren werden sehr gut charakterisiert, allen voran Frank Damerius als Dr. Bernhardi. Ein interessanter Abend.

Freitag, 19. Januar 2007

Innsbruck, Shakespeare: Ein Wintermärchen

Wegen 70 Minuten Zugverspätung und einem Taxifahrer, der die Karte, um den Parkschranken zu öffnen, lange nicht finden konnte, kam ich erheblich zu spät. Aber ich hatte wohl wenig versäumt. Das Wintermärchen ist eine Eifersuchtstragödie, die über viele Tote doch zu einem versöhnlichen Ausgang führt. Die geringe Besucherzahl im Innsbrucker Landestheater war schon das Zeichen einer wenig geglückten Inszenierung. Vor allem die bei Shakespear so oft gelungenen Rüpelszenen gingen völlig daneben. Der Spitzbube Autolycus bestiehlt den Schäfersohn mittels eines Fahrradunfalls, verkauft bei der Feier der Schäfer CDs und stilisiert sich mit farnzösischem Akzent als Höfling. Das alles ist Klamauk und triste. Auch sonst weiß der Regisseur Oliver Karbus der Handlung wenig Sinn und Schwung zu geben. Statt Idylle und Phantasie walten Eintönigkeit und Langeweile. Dagegen haben auch durchaus beachtliche Leistungen einiger Schauspieler wie die des Thomas Lackner als Leontes keine Chance. Schade um die weite Reise und den zeitlichen Aufwand.

Freitag, 12. Januar 2007

Schauspielhaus Graz: Grillparzers Medea

Ein starkes Regiedebüt der neuen polnischen Intendantin Anna Badora. Sie macht die Handlung dicht und trotzdem glaubhaft.
Zwei Probleme zeigen sich in Grillparzers Drama, das duchaus für sich stehen kann: Die Eingliederung einer Fremden in einen anderen Kulturkreis, das Durchhalten dessen, der sie in den neuen Kulturkreis einführt und die Reaktion der Eingeführten beim Misslingen. Ein durchaus aktuelles Thema.
Den neuen Kulturkreis bilden der thebanische König und seine Tochter Kreusa. Dazu hat Paul Lerchbaumer die Logen geschickt verlängert. Anna Eiermann hat die Kulturgesellschaft In Frack und Smoking in diese Logen gestellt und sie reagieren wie aus einer Opernballszene heraus. Unten sind die Logen wie Bretter vernagelt, zur Kommunikation wird der Verschlag gelegentlich von innen geöffnet. Jason findet bald in seinen alten Kulturkreis, Medea bleibt trotz aller Versuche draußen.
Die Medea von Martina Stilp ist überzeugend, soweit nicht ins Lächerliche übertrieben wird. Um Jasons willen versucht sie sich anzupassen, muß aber letztlich scheitern. Das scheitert auch daran, dass sie es auch mit Gewalt versucht. Sebastian Reiss gibt einen Jason, der auch dank seiner Jugendliebe Kreusa im wiedergefundenen Kulturkreis heimisch wird und seines Kampfes, Medea einzubinden, müde wird. Daniel Friedrich gibt den berechnenden Staatsmann und Vater eindringlich glaubhaft.

Donnerstag, 4. Januar 2007

Volkstheater: Arthur Schnitzler Liebelei

Es gehört schon Mut dazu, sich an diesen Stoff zu wagen. Patrick Schlösser versucht es im Ambiente unserer Zeit, also ohne Uniformen, in einer modernen Wohnung zuerst, im zweiten Bild bei Weiring mit wenig Einrichtung. Er versucht gar nicht erst das Duell zu motivieren und zu platzieren. Das macht es für Fritz (Till Firit) nicht leichter. Er überspielt eine Art Unsicherheit mit übergroßer Nervosität. So versteht man auch sein Verhältnis zu Christine kaum. Völlig deplaziert der betrogene Herr, der unziemlich und durchnässt ins Zimmer kommt. Jennifer Frank als Christine bemüht sich redlich, aber wie passt eine süßes Mädl in dieses Umfeld. Schnitzler lässt sich wohl schwer in unsere Zeit transformieren. Trotzdem beherrscht er derzeit viele Spielpläne.

Dienstag, 2. Januar 2007

Kasino am Schwarzenbergplatz: Grzegorz Jarzyna: Medea

Nach Euripides in München und vor Grillparzer in Graz und Augsburg eine polnische Medea. Der Autor und Regisseur versucht eine im Ansatz nicht uninteressante Aktualisierung. Kennte man nicht den Titel, würde man den Stoff erst gegen Ende identifizieren. Medea kommt von irgendwo aus dem Osten nach Wien in eine schöne Wohnung und turtelt mit ihrem Mann, über dessen Herkunft man sich nicht ganz klar wird. Dieser scheint mit seiner Firma Probleme zu haben und wechselt aus Ehrgeiz zu einer anderen, wobei er auch zu einem Wechsel seiner Partnerin gezwungen wird, da Justine, die Tochter des neuen Chefs, ihn begehrt. Das Vermieterpaar Tenor spielt eine mysteriöse Rolle, es taucht in entscheidenden Punkten auf und scheint dunklen Einfluß auf das Geschehen zu nehmen. Der neue Chef Eugen schickt einen Gangster, um Medea zu vertreiben. Freunde von Eugen veranstalten mit Medea dann eine Art Abschiedsparty. Die moderne Medea tötet ihre Kinder, die sinnigerweise Franz und Joseph heißen, mit Schlafpulvern. Ein rotes Kleid tötet schließlich auch Justine.
Vieles ist recht vordergründig und der Aktionismus überwiegt bei weitem die sprachliche Gestaltung und den dramatischen Aufbau. Die Ausstattung von Magda Maciejewska muß sich in den gegebenen Rahmen des Hauses fügen, tut dies aber sehr gekonnt. Die Musik von Jacek Grudzien fiel eher nicht auf.
Großartig die Schauspieler. Sylvie Rohrer spielt eine mondäne, eher einsame als fremdländische Medea. Roland Koch als Jason bricht erst am Schluß in Ekstase aus, scheint sonst kühl berechnend. Eine schauspielerisch, mehr noch artistische Leistung liefert Mareike Sedl als Justine. Sie entpuppt sich allmählich vom Dienstmädchen zur Gegenspielerin Medeas in Sexszenen mit Jason und der Auseinandersetzung mit Medea, geht aber in ihrer Sterbeszene mit unvorstellbaren Verrenkungen und kaum nachvollziehbaren Hervorwürgungen an alle Grenzen. Bemerkenswert auch die wie Schicksalsgötter wirkenden Tenors, Barbara Petritsch und Michael Gempart, harmlos scheinend, gefährlich existent.
Trotzdem: zu viel Aktionismus, zu wenig Sprache.

Theatron Kritikós

Wer lispelt, wird Schauspieler. Wer hustet, geht ins Theater. (Alexandra Lauterbach)

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