Dienstag, 24. Februar 2009

Goethe: Faust I in Weimar

Und das in Weimar! Man kann ja mit dem Faust vieles machen, aber Faust in der Studierstube, eigentlich ist es immer eine Art Himmelsleiter, auf der Personen auf- und untertauchen, als debilen Jungen Mann seinen Text herunterleiern lassen, und ihn nach der Hexenküche (bzw. –leiter) mit dem Mephisto Rolle tauschen lassen??? Was bleibt, ist ein schwächlicher Mephisto und ein geiler Faustmephisto, der es mit einem doppelten Gretchen treibt. Der Regisseur Tilmann Köhler will offenbar den Faust zerstören, und das in Weimar! Für die vielen Schüler war manches ganz lustig, ich schlich traurig zur Bahn und fuhr nach Hause.

Fontane: Stine

Das bürgerliche Mädchen lehnttrotz Liebe den Heiratsnadrang eines Grafen ab. Dieser kränkelt allerding und begeht schließlich Selbstmord mittels Schlaftabletten. Abgewandeltes typisches Fontanemotiv. Im Grunde ganz flott geschrieben und mit Charakterstudien nicht uninteressant versehen.

Wagner: Götterdämmerung in Weimar

Es war ein schöner Abend trotz einer völlig verkorksten Inszenierung. Musik und Sänger waren jedenfalls ansprechend, mit der Einschränkung daß Tomas Möwes Alberich zu einer Sprechrolle degradierte, daß Catherine Foster als Brünhilde im Aussehen allzu sehr einer Walküre entsprach und Norbert Schmittberg als Siegfried zart, und doch bäurisch wirkte. Über die Inszenierung musste man hinwegsehen, ein eintöniges Bühnenbild, und immer wieder die jetzt so beliebten Figuren, die mit der Handlung eigentlich nichts zu tun haben. Vor der Aufführung gab es viele Krankheitsentschuldigungen, keine aber war schlagend. Augen zu, Ohren auf, dann war es ganz passabel.

C F Meyer: Die Versuchung des Pescara

Der Autor versteht es meisterhaft, seine Geschichten im Renaissanceflair vorzutragen. Der italienische, spanischstämmige Heerführer des Kaisers in Italien, verheiratet mit der schönen Römerin Viktoria, bleibt dem Kaiser treu, obwohl die Italiener, besonders der Kanzler von Mailand ihn abwerben wollen. Freilich können sie nicht wissen, daß er in der letzten Schlacht tödlich verwundet wurde und schon deshalb an einen Wechsel nicht denken kann. Fein sind die Personen gezeichnet, klar wird das italienische Intrigenspiel, aber auch die spanischen Machtgelüste freigelegt. Eine große Erzählung!

Fontane: Frau Jenny Treibel

Diesmal steht das Ständebewusstsein des Bürgertums im Mittelpunkt und dessen Vermögen, das Ehen stiftet. Jenny Treibel, durch Heirat mit einem Fabrikanten, aus dem biederen Gemüsehändlerdasein aufgestiegen, verhindert die Heirat der überaus gebildeten und Klugen Nichte ihres Jugendfreundes, einem Professor, mit ihrem Sohn. Flott erzählt und vor allem durch das Professorenmilieu und die Beredsamkeit der klugen Corinna gut zu lesen.

Britten: Ein Sommernachtstraum VO

Überraschend gute Inszenierung in der VO von Philippe Arlaud mit Drehbühne und Wandelgang für Oberons Welt. Auch die Sänger waren ohne Fehl, nur Oberons (Nicholas Hariades) Countertenor war wenig durchschlagskräftig. Interessant auch die aufmüpfige Hippolyta (Martina Mikelic). Die Musik ist kammermusikartig, aber den Situationen durchaus angepasst und bei Andreas Schüller in guten Händen. Die Sänger entsprachen sängerisch und schauspielerisch.

Goethe: Faust I im Burgtheater

Gastspiel aus Hamburg, das ich vor ca. 6 Jahren dort gesehen habe. Die Inszenierung passt auch besser ins Schauspielhaus, das nicht so sehr auf die Bühne ausgerichtet ist, besonders Balkon und Galerie. Die um Publikumskontakt bemühte Regie hat durchaus ihre Meriten, wenn Mephisto den Prolog im Himmel in sich selbst stammelt, bzw. mit sich selbst spricht, wenn Faust seinen Monolog im Publikum sitzend beginnt, wenn es Mephisto mit Marthe in einer Loge treibt, wenn sich Gretchen aus dem Kerker ins Publikum küsst. Vieles gelingt infolge eines sehr wandlungsfähigen Mephisto von Joachim Meyerhoff oder einem guten Faust von Edgar Selge, die oft köstlich den Ton wechseln, wenn sie sich aufs Publikum beziehen, dann aber wieder „klassisch“ werden. Leider fällt Gretchen stark ab, sie ist allzu willig, kann auch die Wahnsinnsszene im Kerker nicht spielen. Letztlich ist aber doch die Bühne, beschränkt auf eine Drehscheibe in der Mitte des Parketts, die auch höher fahren kann, nicht zureichend, um Spannung und Duktus aufrecht zu halten.

Euripides: Medea LT Linz

Wie immer in letzter Zeit, interessante Aufführung eines griechischen Klassikers in den Kammerspielen. Vor allem sorgfältig motivierte Tötung der Kinder durch Medea: Sie würden sonst aus Rache für ihren Mord an Kreon und Kreusa nicht begraben. Auch die Schauspieler ohne Tadel, vor allem Medea (Katharina Hofmann), nur daß sie zu oft gegen Wände rasen musste. Auch die Ersetzung des Chors durch Boten und Stimmen scheint mir fraglich, aber Euripides ist liehct psychologisch zu deuten, mit Recht?

Theatron Kritikós

Wer lispelt, wird Schauspieler. Wer hustet, geht ins Theater. (Alexandra Lauterbach)

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