Donnerstag, 1. November 2007

Wien Volksoper: d’Albert: Tiefland

Schöne Weisen mit guten Sängern ist zweifellos ein Genuß. Von der spanischen Herkunft (Terra baixa von Angel Guimera) merkt man freilich wenig. Der erste Teil spielt im Gebirge, in das man durch ein Tor kommt, mit Türen in den Felswänden, aus denen man Geräte und Nahrung entnimmt. Der zweite Teil spielt in einer Mühle, die einer industriellen Molkerei gleicht. Ein wenig einleuchtendes Bühnenbild von Hermann Feuchter, in dem sich der Regisseur Anselm Weber entsprechend schwer tut, die Personen aber doch einigermaßen zu führen versteht. Der Dirigent Sebastian Weigle nimmt etwas zu wenig Rücksicht auf die Sänger, präsentiert aber einen respektablen Orchesterklang. Die Kostüme von Bettina Walter sind nichtssagend bis lächerlich. Die Hirten in Fellen, die Arbeiter in Molkereikleidung. Ausgezeichnet die Sänger: Der Sebastiano des Wolfgang Koch ist stimmstark und ausdrucksvoll, was besonders in seinem Tanzlied zu Tage tritt. Sorin Coliban gibt dem Dorfältesten einen profunden, etwas ungelenken Baß. Heidi Brunner verleiht der Martha stimmlich und darstellerisch starkes Profil, Andrea Bogner der Nuri mit zarter, schöner Stimme viel Naivität. Mit eindrucksvollem Wagnertenor verleiht Torsten Kerl dem Pedro Ausdruck und Wohlklang.

Samstag, 27. Oktober 2007

Karlsruhe Brecht: Der gute Mensch von Sezuan

Von Esther Hattenbach sehr einfach, eher unzureichend inszeniert in einem spartanischen Bühnenbild von Geelke Gaycken. So konnte nur Teresa Trauth als Shen Te/Shui Ta brillieren. Der Rest erfüllte mehr oder weniger seine Pflicht. Die Dichtheit der Aussage blieb auf der Strecke, vor allem durch die schwachen Songs mit schwacher Musik. Wäre doch lieber in die Premiere der ‚Frau ohne Schatten’ im Haupthaus gegangen.

Freitag, 26. Oktober 2007

Oper Stuttgart H Berlioz: Les Troyens

Es mag durchaus verdienstvoll sein, Künstler an Gedenktagen zu ehren und dem Vergessen zu entreißen. Ich bezweifle aber, daß diese Aufführung den Komponisten ehrt, bzw. dem Vergessen entreißt. Die Stärke von Berlioz liegt sicher nicht in der Oper. Sei es weil die Romantik keine Dramatik will, sei es daß der dramatische Aufbau ihm nicht gelingt und in lauter Nummern zerfällt, sie es daß seine Musik zwischen Mangel an Erfindung oder Plattheit der Melodie krankt. All das wird durch diese Aufführung noch unterstrichen. Die Inszenierung von Joachim Schlömer trennt die vielen Abschnitte noch mehr und stzt viel Klamauk in Szene: Wenn z.B. drei schwarze Soldaten endlos durch Didos Schlaf- und Klavierzimmer gejagt werden oder der Schamane rätselhaft umhergeistert. Die Bühne von Jens Kilian macht auch nichts leichter, zuerst drängt sich das Volk zwei Akte lang in einer Höhle (wohl unter der trojanischen Mauer) und es dauert jeweils sehr lange, bis das Gedränge beim Verlassen derselben sich legt. Dazwischen schlägt man Löcher in die Wand, um Kultgegenstände, den Astyanax oder sonstiges herauszuholen. Unerträglich aber wird das Bühnenbild des 3. und 4. Aktes. Didos Palast soll offenbar als technologisch fortschrittlich gezeigt werden: Glaswände vor einem Boudoir der Königin und dem Klavierzimmer, eine Galerie, zur der ein Aufzug führt, und eine mächtige Fernbedienung für Vorhänge. Die Besetzung passt sich der ganzen Malaise an: Aeneas gibt der Koreaner Ki-Chun-Park, klein, schlank und ausdruckslos. Dafür ist Dido (Christiane Iven) pompös wie eine Brünhilde, aber in Spiel und Gesang nicht überzeugend. Noch unglücklicher die Schwester Anna, die im Minirock, der wenig zu ihrer Körperfülle passt, mit Sexsymbolen tändelt. Das alles durch zwei einstündige Pausen gelängt. Eine negative Erfahrung – nicht mehr.

Montag, 22. Oktober 2007

Ksp Linz Ionesco: Die kahle Sängerin

Wiederbegegnung mit dem absurden Thater: Das Sprachlabyrinth ist durch einen Irrgarten (Bühne und Kostüme: Alexandra Pitz) trefflich betont. Die Familien Smith und Martin werden nicht nur durch gleiche Kleidung als austauschbar gezeigt (Sebastian Hufschmidt, Silvia Glogner, Soeren Langfeld, Barbara Novotny). Der Feuerwehrahuptmann Erich Josef Langweisner kann hier mehr zeigen als im Häuptling Abendwind als Koch. Das Ensemble ergänzt trefflich Wanda Worch als Dienstmädchen Mary. Gerhard Willert inszeniert phantasievoll und präzise und hat die Lacher auf seiner Seite. Trotzdem kommt die Gesellschaftskritik und das Tragische zur Geltung.

Sonntag, 7. Oktober 2007

LT Linz Raimund: Der Verschwender

Ein mehr als verpatzter Spätnachmittag, ein Schmierentheater auf dem Land könnte nicht schlechter inszenieren und spielen. Raimunds Text ist kaum zu erkennen, fast ebenso wenig die Handlung, von der Aussage: Verschwenung und Dienertreue bleibt nichts übrig. Zugegeben, die Dienertreue ist nicht gerade eine zeitgemäße Tugend, statt dessen wird offenbar das Gleichhobeln interpretiert. So beginnt die Inszenierung von Wolfgang Maria Bauer mit einem Rückblick Flottwells aus einem Nachtasyl. Aber auch dieses ist eine Halbheit: Eine Mischung von Asyl und Jugendherberge. Die Szene im Asyl wird schier endlos ausgespielt, und die Asylanten singen auch das Hobellied. Der Valentin und seine Rosa werden zu Randfiguren degradiert. Flottwell spielt der Einfachheit halber gleich auch seine Gäste selbst und macht dem Alten Weib französisch die Cour. Breit ausgespielt wird auch die Baumeisterszene, allerdings völlig outriert und wenig charakteristisch im Stiegenauf- und abgang. Völlig deplaziert und kitschig auch die Juwelierszene. Dafür spart man die Diener mehr oder weniger ein, aber alle Augenblicke entsteht ein größerer Auflauf von Personen, die man nicht zuordnen kann. Dann wird auch noch schlecht gespielt. Der Flottwell Günter Rainers gibt sich zwar recht heiter, den Übergang zu anderen Stimmungen aber schafft er nicht. Bei Valentin und Rosa (Manuel Klein und Franziska Cramer) kann man letztlich froh sein, daß ihre Rollen kaum mehr vorhanden sind. Das ließe sich so fortsetzen. Schade um Zeit und Ärger.

Freitag, 5. Oktober 2007

Wilhelm Raabe: Der Hungerpastor gelesen

Ein Bildungsroman mit gegensätzlicher Entwicklung: Der Schustersohn Hans Unwirrsch wird Theologe und stillt seinen Hunger mit Schwierigkeiten, aber genügsam. Sein Jugendfreund, der Jude Moses Freudenstein, strebt rücksichtslos nach Geltung. Die beiden begegnen sich wieder bei der dritten Hauslehrerstation von Hans in Berlin. In dem vergifteten Klima des Hauses von Geheimrat Götz, der von seiner adeligen und frömmelnden Frau beherrscht wird, gedeihen hans und die verwaiste Nichte Franziska schelcht. Der konvertierte Moses Freudenstein nistet sich durch die Bekanntschaft mit Hans in dem Haus ein und entführt schließlich die Tochter Kleophea. Alles endet in Grunzenow an der Ostsee beim Oberst Bullau, wohin Hans Franziska Götz zu ihrem Onkel, dem Leutnant Rudolf Götz, bringt. In dieser Fischerpfarre finden Hans und Franziska ihr Glück, nur Kleophea stirbt auf der Flucht bei einem Schiffsunglück.

Dienstag, 2. Oktober 2007

LT Linz: Nestroy: Häuptling Abendwind

Viel Theatralisches, viel Klamauk, viele Zeitanspielungen, aber es bleibt ein Nestroy. Die Spielfreude ist immer präsent. Der Regisseur Alois Gallé hat flott und amüsant inszeniert, Nestroy bleibt präsent, wenn auch nicht gerade biedermeierlich. Es ist überraschend, Stefan Matousch nach ernsten Rollen im weiten Land und in Maß für Maß einmal ganz ausgelassen zu erleben. Seine Tochter Atala muß viel tanzen und singen, was nicht immer so ausgelassen gelingt. Der Konkurrenzhäuptling Biberhahn der Heftige (Vasilij Sotke) tritt ebenbürtig an die Seite von Abendwind dem Sanften. Die anderen fügen sich ein. Flott und amüsant, wen auch nicht sehr aussagekräftig.

Samstag, 29. September 2007

LT Salzburg Bernhard: Holzfällen

Ein fast dramatisches Stück von Bernhard, natürlich mit vielen Monologen und Ausfällen auf Wien (Genthgasse) und Salzburg. Es wird großartig gespielt, vor allem vom Schriftsteller Gerhard Hermann. Es ist von Frank Hellmund, der es inszeniert, und Karl Heinrich Hucke trefflich für die Bühne eingerichtet, sie machen ein sehenswertes Drama daraus. Schon der Rahmen erweckt Erwartung, die nicht enttäuscht wird., wenn Claudia Dölker als Frau Auersperg die Zuschauer empfängt. Brillieren darf auch Hartmut Scheyhing als Burgschauspieler. Ein gewinnbringender Abend.

Theatron Kritikós

Wer lispelt, wird Schauspieler. Wer hustet, geht ins Theater. (Alexandra Lauterbach)

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